DJV Kongress in Hannover
Zugang zum Journalismus durchlässiger machen
Anna Aridzanjan (t-online) bei ihrer Keynote zum DJV-Kongress / Fotos: Florian Petrow
Inspirierende Workshops und Forderungen an die Branche: Beim DJV-Kongress „Vielfältig statt einfältig!“ diskutierten am 30. November rund 90 Teilnehmer*innen über die Zukunft des Journalismus.
"Macht den Zugang zum Beruf durchlässiger!"
Inspirierende Workshops und Forderungen an die Branche: Beim DJV-Kongress „Vielfältig statt einfältig!“ diskutierten am 30. November 2019 im Kulturzentrum Pavillon rund 90 Teilnehmer*innen über die Zukunft des Journalismus
Einige Zuhörer*innen schmunzeln, als Keynote-Sprecherin Anna Aridzanjan einen Cartoon zeigt, auf dem mehrere gleich aussehende Männer in einem Konferenzraum zusammensitzen und sich fragen: „Warum haben wir hier keine frischen Ideen?“ Die unfruchtbare Suche nach neuen Blickwinkeln in Redaktionen, kommt vielen bekannt vor.
Aridzanjan eröffnete den Kongress „Vielfältig statt einfältig!“, zu dem der DJV Niedersachsen am 30. November in das Kulturzentrum Pavillon nach Hannover eingeladen hatte, mit einem sehr persönlichen Input unter dem Titel „Ein Herz für Underdogs“. Darin berichtete die Journalistin (t.online.de) , die als Flüchtlingskind aus Armenien nach Deutschland kam, von Kindheit, Schulzeit, Familie und Erfahrungen im Beruf. „Wir bringen die Expertise unserer Identität mit", betonte Aridzanjan. Sie kritisierte, dass die Wege in den Journalismus momentan so elitär seien, dass man sich nicht zu wundern brauche, dass sich manche Personengruppen gar nicht erst bewerben.
In mehreren Workshops näherten sich die Teilnehmer*innen danach dem Thema Vielfalt im Journalismus. Die Journalistin Trang Dang („heute journal“), die sich beim Berufsverband Neue Deutsche Medienmacher*innen engagiert, gab Tipps für Journalist*innen mit Migrationshintergrund, die auch heute noch immer wieder mit Rassismus und Vorurteilen konfrontiert würden.
Judyta Smykowski (leidmedien.de) sensibilisierte für eine Sprache, die Behinderte vorkommen lässt ohne sie zu diskriminieren.
Die buzzfeed-Journalistinnen Juliane Löffler und Pascale Müller berichteten in einem Werkstattgespräch über ihre erfolgreichen Recherchen auf den Themengebieten wie Ausbeutung, Machtmissbrauch und Feminismus.
Cornelie Kunkat vom Deutschen Kulturrat belegte anhand von Statistiken eindrucksvoll die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen im Medien- und Kulturbetrieb an und zeigte Möglichkeiten von Mentoringprogrammen auf.
Abschließend wurde - moderiert von der Bremer Journalistin Libuše Černá - darüber diskutiert, wie es gelingen kann, Redaktionen vielfältiger zu besetzen. Der freie ARD-Journalist Vasilli Gold betonte, dass ein spezielles Programm für junge Journalist*innen mit Migrationshintergrund beim WDR gut funktionieren würde und ähnliches auch in Verlagen umsetzbar sei, wenn sie denn nur wollten.
Die bereits in der Keynote aufgeworfene Forderung, den Zugang zum Beruf durchlässiger zu machen, wurde auch von Diskutant*innen auf dem Podium aufgegriffen. „Journalismus ist ein Handwerk, das jeder lernen kann“, betonte Sportreporter Felix Edeha. Wichtig sei, dass Praktika bezahlt würden, damit zum Beispiel auch Arbeiterkinder eine Chance bekämen. Auch bei der Integration behinderter Journalist*innen ist in den Redaktionen häufig nicht die nötige Offenheit vorhanden. Wie falsch das ist, machte C deutlich. Nach den Grenzen für gehörlose Journalist*innen gefragt wurde, antwortete er: „Gehörlose können alles, außer hören." Dafür gab es viel Applaus – auch in Gebärdensprache.
(Fotos: Florian Petrow)